Eigentlich hören wir ja Musik, um abzuschalten, zu genießen und einfach mal die Welt um uns herum zu vergessen. Aber was trotzdem ganz spannend sein kann: Wie kommt die Musik eigentlich beim Musik-Streaming aus dem Netz von Tidal, Spotify, Deezer, Qobuz usw. in die heimische Anlage? Und was ist der „perfekte“ Weg, Musik zu übertragen? Bluetooth? AirPlay? Oder etwas ganz anderes?
Nun, das klären wir heute in Zusammenarbeit mit Frank-Michael Buck vom Hamburger HiFi-Spezialisten Fidelity Acker & Buck in Rellingen!
Heutzutage lässt sich Musik über eine Vielzahl von Übertragungswegen und Protokollen abspielen und steuern, aber worin unterscheiden sich diese denn überhaupt? Und wie lässt sich das Musikerlebnis perfektionieren? Ein Überblick:
Der einfachste und bequemste Weg, Musik beispielsweise vom Smartphone zu übertragen ist immer noch Bluetooth. Smartphone und HiFi-Verstärker koppeln, in der Musik-Streaming-App der Wahl auf Play drücken und los geht’s. Wichtig ist dabei natürlich immer, dass beide Seiten den jeweiligen Codec unterstützen, sonst wird sich auf die kleinste gemeinsame Stufe geeinigt.
Das Problem mit Bluetooth ist seine Beschränkung in der Reichweite (üblich sind bis zu 15 Meter) und die oftmals bescheidene Klangqualität, gegenüber einer „echten“ Netzwerkverbindung. Codecs wie SBC und AAC sind immer noch die am häufigsten genutzten, weil sie DER Industriestandard sind, leiden aber unter geringen Datenraten und starker Komprimierung. SBC liefert maximal 48 kHz und 16 Bit Auflösung bei einer Datenrate von maximal 328 kbit/s, wobei dieser Wert auch eher theoretischer Natur ist und je nach Art der Implementierung des jeweiligen Herstellers stark nach unten abweichen kann.
Ein Stück besser gegenüber SBC macht es da schon der AAC-Codec, der eine maximale Auflösung von 44,1 Kilohertz und 24 Bit mitbringt, aber trotzdem auf eine Datenrate von lediglich 250 kbit/s beschränkt bleibt.
Der Stand heute (Juli 2024) beste, breit verfügbare Bluetooth-Codec (abgesehen von "Sonderlösungen wie beispielsweise LDAC*) entstammt der aptX-Familie und kommt als aptX (maximal 48 kHz/16 Bit mit 352 kbit/s), aptX HD (max. 48 kHz/24 Bit und 576 kbit/s) oder sogar als aptX Losless daher (mit einer maximalen verlustfreien Auflösung von 44,1 kHz/16 Bit und einer maximalen Datenrate von 1.200 kbit/s). aptX Losless enspricht somit fast CD-Qualität (die mit 44,1 kHz/16 Bit und einer Datenrate von 1.411,2 kbit/s arbeitet).
Doch auch, wenn man sich aptX Losless Verlustfreiheit auf die Fahnen schreibt, gibt es doch mehrere Wandlungsschritte, die das Musiksignal durchläuft, bis es letztlich beim Verstärker ankommt. Damit bleibt unterm Strich zu sagen: Bluetooth ist prima, wenn Sie „mal eben schnell“ Musik hören möchten (oder Ihre Freunde Musik abspielen wollen, ohne dass sie Zugriff aufs Heimnetzwerk/WLAN haben), für eine hochwertige Musikwiedergabe eignet sich Bluetooth aber nicht.
*Das "Problem" mit LDAC kurz erklärt: LDAC ermöglicht eine verlustfreie Auflösung von 44,1 kHz und 16 Bit Auflösung, sowie eine dynamische Bandbreite von bis zu 990 kbit/s, was der CD-Qualität (1.411,2 kbit/s schon recht nahe kommt. Das eigentliche Problem ist aber die Verfügbarkeit von LDAC - denn der Codec an sich stammt von Sony und ist (bisher) auch nahezu ausschließlich in Sony-Produkten zu finden. Allerdings müssen beide Geräte die LDAC-Unterstützung mitbringen, um die Vorteile davon nutzen zu können.
Wenn Ihre Geräte im gleichen Netzwerk sind und Sie Musik von Ihrem Smartphone oder sonstigen Geräten übertragen möchten, stolpern Sie irgendwann mehr oder minder zwangsläufig über AirPlay 2 (bei Apple-Geräten) bzw. Chromecast (bei Android-Geräten). Beide Technologien sind dazu gedacht, Musikinhalte (aber auch Videos, wenn gewünscht), drahtlos an ein anderes Gerät in hoher Qualität zu übertragen. Bei AirPlay 2 liegt das Limit aktuell bei 44,1 Kilohertz und 16 Bit (also CD-Qualität), während Chromecast Musik mit bis zu 96 Kilohertz und 24 Bit überträgt.
Der große Vorteil von AirPlay 2 und Chromecast gegenüber Blueooth liegt also in der – je nach Bluetooth-Codec – teils dramatisch besseren Klangqualität und der deutlich besseren Reichweite und Stabilität des Musiksignals. Allerdings sind Sie dabei immer noch darauf angewiesen, dass die Musik direkt von Ihrem Smartphone (aus der Musik-Streaming-App) auf Ihren Verstärker übertragen wird, was die Nutzung ein Stück unkomfortabel macht und die Nutzung stets auf ein Gerät gleichzeitig beschränkt.
Wenn Ihr Verstärker eine Streaming-Plattform wie beispielsweise Bluesound (NAD, Roksan und viele weitere), StreamMagic (Cambridge Audio) oder MusicCast (Yamaha) integriert hat, gerät Musik hören in höchster Qualität zum Kinderspiel. Üblicherweise haben Sie dann hierbei die Wahl zwischen der in die herstellereigene App integrierte Variante und der „originalen“ App des Musik-Streaming-Anbieters.
Sie können also beispielsweise Musik direkt aus der Tidal-App via Tidal Connect auf Ihrem Streaming-Verstärker hören und steuern oder dies über die App des Verstärkerherstellers erledigen. Aber wo liegen die Unterschiede…?
Aktuell bieten Tidal und Spotify die „Connect“-Funktion in ihren Apps an (Qobuz Connect ist Stand Juni 2024 in Planung). Das bedeutet, dass Sie beispielsweise die Tidal-App auf Ihrem Smartphone öffnen, Musik auswählen und steuern und der Verstärker dies auch genau so macht; der Trick ist aber, dass das Smartphone „nur“ die Steuerungsbefehle an den Verstärker überträgt. Die Musik an sich holt sich der Verstärker direkt aus dem Netz, ohne Umwege über Ihr Smartphone und in höchster Qualität. Anders, als das bei Bluetooth oder Airplay 2/Chromecast der Fall ist.
Genau gleich funktioniert dies auch mit den Musik-Streamingdiensten, die in die herstellereigenen Apps und Plattformen wie Bluesound, StreamMagic oder MusicCast integriert sind. Hier sind die Streaming-Dienste eben in die jeweilige Oberfläche eingebettet und in das Gesamtkonzept des Verstärkers bzw. der Streamingplattform eingewoben, technisch und klanglich gibt es in der Regel allerdings keinen Unterschied.
Somit können Sie ganz bequem selbst entscheiden, ob Sie Ihre Musik über die native App des Streaming-Anbieters steuern möchten oder doch lieber über die hersteller-eigene App, die gegebenenfalls noch mehr Funktionen rund um Ihren Verstärker liefert.
Wenn Sie Musik von mehreren Streaming-Anbietern hören oder neben Ihrer Musik via Musik-Streaming auch viel Musik aus Ihrem heimischen Netzwerk hören, kommt wahrscheinlich irgendwann der Wunsch auf, all das zu vereinfachen und übersichtlich zu verwalten. Und dann kommt Roon ins Spiel.
Roon ist eine Server-Client-Lösung, die eigene Server-Hardware voraussetzt und auf der dann praktisch „alle Fäden zusammenlaufen. Sprich: Ganz egal, ob Ihre Musik via Spotify, Tidal Deezer, aus dem Heimnetzwerk, via USB-Stick, Festplatte oder Cloud-Speicher (wie Dropbox) angeliefert wird: Roon verwaltet all diese Quellen transparent unter einer einheitlichen Oberfläche und reichert sie zudem mit einer Vielzahl an Metadaten wie Künstlernamen, Produzent, Erscheinungsjahr, Hintergrundgeschichten usw. an. Sie müssen dann nur noch Ihre Musik auswählen, den Rest erledigt Roon im Hintergrund.
Die Datenübertragung vom Roon-Server zum Roon-Client (die Verstärker müssen speziell Roon-zertifiziert sein, um die hohen Ansprüche an die Klangqualität auch wirklich erfüllen zu können) findet dann via Roon RAAT statt. RAAT steht dabei für „Roon Advanced Audio Transport“ und steht für eine absolut bit-perfekte und ultrastabile Datenübertragung, bei der kein Detail verloren geht.
Eine Besonderheit beim Musik-Streaming ist das sogenannte Gapless Playback was – wie der Name schon andeutet – „lückenlose Musikwiedergabe“ heißt. Aber was bedeutet das genau?
Nun, üblicherweise wird Musik „als Ganzes“ produziert und beispielsweise auf eine CD oder eine Schallplatte gepackt. Das Wiedergabegerät (CD-Player bzw. Plattenspieler) „erkennt“, dass die Musikstücke zusammenhängen, und gibt sie auch als solches wieder. Bei der Schallplatte werden einfach keine Pausen eingesetzt, während die Titelzahl und die Marker, zu denen der Laser beim Titelwechsel springen soll, über das sogenannte ToC („Table of Contents“ – also praktisch „das Inhaltsverzeichnis“ der CD) geregelt wird. Der CD-Player spielt also das komplette Album ohne unerwünschte Pausen durch, was insbesondere bei Live-Alben und Konzept-Alben ungemein wichtig ist, damit die Atmosphäre nicht durch unerwünschte und nicht zum Konzept des Albums gehörende Pausen unterbrochen wird.
Beim Streaming hingegen sieht das Ganze ein wenig anders aus. Denn hier handelt es sich stets um voneinander unabhängige Dateien. Ein Album wie beispielsweise „The Wall“ von Pink Floyd wird also bei einem Streaming-Dienst in zehn individuelle Dateien zerlegt, die dann eben bei der Wiedergabe für die so unerwünschte „Kunstpause“ sorgen.
Diesem Problem wird allerdings bereits von Seiten der Musiklabels und -produzenten begegnet, indem diese den Dateien entsprechende Metainformationen beifügen, um die Zwangspause zu überspringen. Dann muss „nur noch“ der Streaming-Anbieter selbst Gapless Playback unterstützen und der Spaß kann beginnen.
Wichtiges Detail: Das hinzufügen der Meta-Daten für die Gapless-Wiedergabe war bei der Entwicklung von MP3 noch nicht vorgesehen und funktioniert daher oftmals nicht, kann aber trotzdem technisch von den Musik-Streaming-Anbietern angeboten werden.
Heute (Stand Juni 2024) unterstützen folgende Musik-Streaming-Anbieter Gapless-Wiedergabe:
Neben Gapless Playback gibt es auch noch die Crossfade-Funktion, die gerne mit Gapless Playback gleichgesetzt wird, aber bei der es sich doch um eigenständige Funktion handelt.
Während Gapless Playback den nahtlosen Übergang von Musikstücken ohne Pause meint, meint Crossfade das sanfte Aus- und Einblenden von Musikstücken. Sprich: Wenn ein Titel endet und der nächste anfängt, wird der eine Titel langsam leiser (üblicherweise über den Zeitraum von drei Sekunden) und der neue Titel wird dann über den Verlauf von weiteren drei Sekunden lauter, bis er seine normale Lautstärke erreicht hat. Die Pause zwischen den Stücken bei Crossfade bleibt bestehen.
Somit ist Gapless Playback für Live- und Konzept-Alben perfekt, wenn es um eine zusammenhängende, bruchlose Wiedergabe geht, während Crossfade seine Stärken ausspielt, wenn es um die Wiedergabe vieler unterschiedlicher Musikstücke geht.
Technisch basiert Musik-Streaming auf dem TCP (Transmission Control Protocol). Es handelt sich somit also von Haus bereits um ein relativ „sicheres“ Protokoll, bei dem sich Sender und Empfänger vorab abstimmen und im Falle von verlorengegangenen oder beschädigten Datenpaketen, diese erneut gesendet werden können.
Damit ist also die Musikübertragung von Musik-Streaming-Diensten an sich bereits sehr gut gegen Aussetzer und sonstige Störungen geschützt. Aber geht das noch besser? Aber sicher!
Weiter oben haben wir behauptet, dass das Netzwerkprotokoll und die Datenübertragung an sich äußerst robust und widerstandsfähig gegenüber Störeinflüssen ist – jetzt behaupten wir, dass Switches, Kabel usw. durchaus einen Einfluss auf die Klangqualität haben. Wie passt das zusammen?! Nun, im Wesentlichen sind dafür drei Komponenten verantwortlich:
1. Crosstalk – Übersprechen von Signaladern innerhalb eines Netzwerkkabels
In einem Netzwerkkabel läuft üblicherweise nicht nur eine Ader, sondern acht. Auf kleinstem Raum. Umso einfacher das Kabel an sich ist, desto höher ist die Gefahr von Crosstalk, also Übersprechen. Dabei beeinflussen und stören sich die Signalwege in den Kabeln gegenseitig untereinander und machen ein höheres Maß an Fehlerkorrektur im Musik-Streamer notwendig, was mehr Strom kostet. Das Signal ist also nicht mehr „bit-perfekt“.
2. Clock-Fehler – Wenn der Switch aus dem Tritt gerät
Übersprechen sorgt für ein höheres Maß an Stromverbrauch bzw. eine höhere Last und dementsprechend höhere Abwärme im Gerät, was bei zu klein dimensionierten Netzteilen dafür sorgen kann, dass die empfindliche Clock durcheinandergerät und die eingehenden Netzwerkpakete nicht mehr sauber rekonstruiert werden können, da nicht ausreichend sauberer Strom zur Verfügung steht.
3. Elektromagnetische Einstörungen (EMI) – Ich höre was, was gar nicht da ist
Elektromagnetische Einflüsse sind in der Welt heutzutage praktisch überall und in großer Menge vertreten. Nicht zuletzt beispielsweise auch durch allgegenwärtiges WLAN, aber auch Lampen und zahlreiche andere Geräte senden elektromagnetische Impulse aus. Diese können sich ebenfalls im Netzwerksignal niederschlagen und als Störung bzw. Rauschen bemerkbar machen, auch wenn das eigentliche Nutzsignal an sich trotzdem korrekt – also vollständig – übertragen wird.
Zusammengefasst kann sich eine Investition in bessere Netzwerkkabel und Infrastruktur wie einen hochwertigen Netzwerk-Switch durchaus lohnen, aber auch hier sollte – wie immer im HiFi-Bereich – kritisch Probe gehört und verglichen werden.
Manche Verstärker und Streamer reagieren sehr sensibel auf eine hochwertige Netzwerkinfrastruktur, manche Geräte bleiben davon vollkommen unbeeindruckt. Wir können und wollen Sie hier einmal mehr dazu ermutigen, mit Ihrem Fachhändler vor Ort zu sprechen, Geräte auszuprobieren und zu vergleichen und – und das ist das Wichtigste – am Ende einfach gute Musik genießen. Denn der Spaß sollte dabei immer an erster Stelle stehen.
Eine Übersicht qualifizierter Fachhändler finden Sie hier: Roksan-Fachhändler in Deutschland